Sämtliche Orgelwerke, Band VI: Postum veröffentlichte Werke42 Pièces für Orgel ohne Pedal (1925), hg. von Helga Schauerte-MaubouetVerlag/Label: Bärenreiter Verlag BA 9209 Rubrik: Noten erschienen in: Organ – Journal für die Orgel 01/2017, Seite 61 |
Seine beschwingt-heitere G-Dur-Toccata sichert ihm bis heute einen festen Platz im populären Konzertrepertoire französischer Orgelmusik: Théodore Dubois
(1837–1924). Der Rompreisträger des Jahres 1861 war ab 1855 Organist an Saint-Louis des Invalides in Paris und wurde 1859 Maître de Chapelle an der neugotischen Basilika Sainte-Clotilde, wo
zugleich César Franck bis zu seinem Tod 1890 als Titularorganist der neuen Hauptorgel von Aristide Cavaillé-Coll wirkte. Von 1877 bis 1896 war Dubois schließlich als Organist an der Pariser
Madeleine tätig und unterrichtete ab 1871 Harmonielehre am traditionsreichen Pariser Conservatoire, ab 1896 (bis 1905) als dessen Direktor.
Doch viel mehr als eben jene Toccata wird aus Dubois’ nicht unbeträchtlichem Orgel-Œuvre heute kaum noch öffentlich aufgeführt – was sich jetzt doch vielleicht
ändert – dank der unermüdlichen und verdienstvollen editorischen Arbeit von Helga Schauerte-Maubouet mit dem Ziel, zum ersten Mal das Gesamtwerk Dubois’ in Form einer Urtextausgabe zu
veröffentlichen. Bei Bärenreiter ist jetzt alles verfügbar, was der zu Lebzeiten höchst renommierte Komponist für Orgel geschaffen hat.
Im sechsten und die Edition damit abschließenden Band sind 42 kürzere Stücke versammelt, die ein Jahr nach dem Tod Dubois’ postum beim Pariser Verleger Heugel
veröffentlicht wurden – Stücke, die dezidiert für den Gebrauch im Gottesdienst bestimmt sind, worauf die meisten Titel unzweideutig hinweisen: Prélude, Offertoire, Communion, Entrée funèbre und
so weiter.
In ihrem ausführlichen Vorwort erinnert Schauerte-Maubouet sachkundigst nicht nur an Dubois’ Tätigkeit als Kirchenmusiker an Saint-Louis des Invalides,
Sainte-Clotilde und schließlich La Madeleine, sondern auch an seinen Orgeldienst in Kirchen mit eher bescheidenen Instrumenten bis hin zum damals allenthalben verbreiteten Harmonium. Aus dieser
seiner eigenen Praxis und Erfahrung heraus sind gewiss (auch) die 42 postumen Kompositionen erwachsen: Sie lassen sich allesamt manualiter ausführen, das Pedal kann ad libitum unterstützend
eingesetzt werden. Der musikalische Gehalt ist durchweg solide und ansprechend, die spieltechnischen Anforderungen halten sich in überschaubaren Grenzen, weshalb der Großteil der Präludien,
Versetten und Meditationen in diesem Band auch eine ebenso willkommene wie dankbare Literatur für OrganistInnen im Nebenamt darstellt.
Selbstverständlich, dass sich im Anhang auch dieser vorbildlichen Edition Schauerte-Maubouets ein kritischer Bericht mit Hinweisen zur Editionstechnik, zu den
Quellen und Korrigenda findet – alles in allem, wie stets bei der Herausgeberin Helga Schauerte-Maubouet, eine ganz ausgezeichnete und überaus lobenswerte Neuausgabe!
Christoph Schulte im Walde